Stroh für die Tiere

von Werner

In Zurndorf waren nach dem Krieg mehrere Bauern, die keine Pferde hatten, so wurden zum Beispiel für eine halbe Heide drei Katastraljoch ein paar Jungpferde fast noch Fohlen oder für einen halben Kreuzacker vier Joch ein paar Zugochsen eingetauscht. Für das Ackern von einem halben Acker durfte man einen anderen halben Acker anbauen.

Ich habe die ersten Jahre nach dem Krieg im Stall geschlafen, weil nachts immer wieder Pferde gestohlen wurden. Der Stall war von innen verriegelt. Auch am Feld kam es wiederholte male vor, dass Pferde gestohlen wurden. So war es in einem Fall so, dass der Kutscher, der Vater von Unger Anni erschossen wurde und von den Pferden war keine Spur. Ein anderer Fall war, dass der Dürr Andreas beim Ackern mit einer Eisenstange niedergeschlagen wurde und die Pferde entführt wurden. Der Dürr Andreas wurde am nächsten Tag bei einer Suchaktion der Ortsbewohner lebend gefunden. Da die Familie einen verwandten Tierarzt in Ungarn hatte, konnte ein Pferd in Ragendorf (Raijka) gefunden werden. Die weißen Zeichen waren mit Farbe überstrichen.

Bei Meixner Adam haben sich Russen mit Rindern einquartiert, denn in diesem Hause war der größte Stall des Dorfes. Diese brauchten fast täglich ein Fuhrwerk, so ging es der Reihe nach von einem Bauern zum anderen, die diese Dienste leisten mussten. Die Rinder brauchten dauernd Stroh und Futter, das von irgendwo herbeigeschafft musste. So musste ich eines Februartages mit anderen Gespannen nach Neuhof neben Potzneusiedl zum Gutsbetrieb um Stroh fahren. Als wir zwei Wagen zugleich zu laden begannen, kam ein Russe von der Potzneusiedler Russenstation wo sie auch Rinder eingestellt hatten, um uns zu vertreiben, weil dieser behauptete, dass dies ihre Beute sei. Nach einem heftigen Streit fuhren unsere Begleiter mit einem Pferdewagen von uns nach Neudorf wo dessen Kommandantur war. Der Potzneusiedler entfernte sich auch, während wir im Eiltempo aufluden. Die Potzneusiedler waren schneller zurück und hießen uns die schon beladenen Wagen ihnen nachzufahren, wobei ein Russe auf dem Wagen vor mir mit der Pistole mehrmals in die Luft schoss und drohte den zu erschießen, der zurückblieb. Inzwischen kamen unsere Auftraggeber von der anderen Richtung von Neudorf und haben von Weitem über unsere Köpfe geschossen. In Potzneusiedl sind dann alle Russen zusammengetroffen, während ich das Seil öffnete um abzuladen, kam ein Russe dazu um mich davon aufzuhalten und beschimpfte mich arg. Ich habe keck zurückgeschrieen und er holte aus um mir eine Ohrfeige zu geben. Ich duckte mich und er haute mit voller Wucht ans Kriechbäuml (Ladegestell) meines Wagens. Das Blut spritzte und mir gelang es auf die nicht zu große Fuhre zu flüchten. Die Russen der beiden Kommandos haben im Hof des Anwesens heftig gestritten. Erst am späten Nachmittag war entschieden, dass ich das Stroh abzuladen hätte. Beim Abladen haben mir einige Russen geholfen, denen ich klagte, dass ich schon zeitig in der Früh wegfahren musste ohne Verpflegung für mich und die Pferde. Da hat sich einer der Russen bereiterklärt, er gibt mir die Hälfte seiner Suppe, der andere wollte Sein Brot mit mir teilen, Wenn ich Warte, bis sie das Abendessen empfangen. Natürlich habe ich nicht gewartet, denn ich wollte ja nur Mitleid schinden. Die anderen Wagen, die mit mir waren, wurden zum Teil mit der Fuhre nach Zurndorf geleitet oder blieben leer, doch alle waren zu dieser Zeit längst zu Hause.

Eines Tages musste ich mit dem Pferdewagen mit einem Russen in den Eichenwald fahren um Brennholz zu stehlen, welches die sich schon ausgesehen hatten. Am Heimweg mit der Fuhre begegnete uns der Besitzer des Holzes (Kellermann Matthias) und erkannte, dass dies sein Holz sei. Er forderte uns auf, das Holz sofort abzuladen, aber er war erfolglos, denn er hatte ja keine Waffe wie mein Begleiter.

 Quelle: Michael Pschaiden