Abtransport nach Osten

von Werner

Auf der Eisenbahn waren beide Gleise bis Parndorf voll gestopft mit Lastzügen, denn in Parndorf war in den letzten Kriegstagen die Bahn bombardiert worden und man schob die Züge zusammen, in der Hoffnung, dass die Geleise rechtzeitig repariert werden, was nicht mehr gelungen ist.

In diesen Waggons war alles mögliche, was man sich nur denken konnte. Es hat sich jemand nur hinaustrauen müssen, denn es kamen immer wieder Russen vorbei, die es besonders auf Frauen abgesehen hatten oder die Gespanne wegnahmen.

Unsere Feuerwehr hatte ein Feueraggregat mit zwölfhundert Liter Minutenleistung und eine Menge Feuerwehrschläuche von diesen Waggons hereingeholt. Leider stellte sich später heraus, dass die Schläuche falsch gelagert waren und den erforderlichen Druck nicht ausgehalten haben. Als wir vom Waldviertel nach Hause kamen, war nicht mehr viel da, einige Ofenrohre und einen Bunkerofen haben wir mit nach Hause gebracht. Einige Waggons waren mit Öllein beladen. Wir hatten etwas mit nach Hause genommen, aber die Pferde haben es nicht gefressen und daher betrachteten wir es als wertlos. Man musste ja immer wieder Angst haben, dass einem die Pferde weggenommen werden.

Es streiften in der Gegend immer wieder Banditen herum, die man keiner Nation zuordnen konnte. Ungarn, Polen, Russen oder sonst was.

Es gab noch Waggons mit Elektromotoren. Ich weiß nur eine Familie, die mit dem Ochsengespann fuhrenweise E-Motoren heimführte. In Zurndorf war ursprünglich der Schwiebogen mit Klinkerziegel gewölbt und erst ganz zum Schluss der Kriegshandlung wurde er gesprengt und zum Einsturz gebracht.

Bald als wir wieder zu Hause waren musste die Ortsbevölkerung, in erster Linie die Familien, der ehemaligen Parteimitglieder der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei), in Tag- und Nachtschicht das Loch zuschütten, um ein Gleis zum Befahren zu bringen. Ich war eines Nachts dazu eingeteilt, als ein Aufsichtsposten merkte, dass ich Russisch spreche, musste ich zu ihm kommen und als er hörte, dass ich im gleichen Alter wie sein Sohn war, musste ich die ganze Nacht bei den beiden Posten sitzen und mit ihnen Wodka saufen. Wodka nannte sie jeden Fusel wovon man einen Rausch bekommen kann. Ich durfte nicht einmal Holz für das Lagerfeuer herbeiholen. Die Männer, die meine Väter hätten sein können, wurden von der Erdarbeit weggeholt um das Feuer zu befeuern. Die schimpften mich einen faulen Hund.

Einmal musste ich ab Mittag mit zwei Russen die Bahnstrecke entlang bis Parndorf ausgelegten Leitungsdraht zusammenstückeln, die Enden wurden fachgerecht zusammengedreht und mit Zink, wozu ich den heißen Kessel zu tragen hatte, übergossen. Der Kupferdraht, der vorher als Leitung diente wurde auf der ganzen Strecke durch Eisendraht ausgetauscht. Wir sind erst im Morgengrauen aus Parndorf zu Fuß zu Hause angekommen. Als ein Gleis auf der Bahn befahrbar war rollten dauernd die Züge mit Beutegut in Richtung Russland und leer zurück.

Es wurden in Fabriken die Maschinen abmontiert und weggefahren. Es fuhr täglich ein Personenzug in Richtung Wien und abends nach Osten. Ich selbst bin das Winterhalbjahr 46/47 nach Bruck in die Bauernschule gefahren. Der Zug hätte um fünf Uhr früh in Zurndorf sein sollen, ist aber manchmal erst um neun Uhr angekommen. Abends hätte der Personenzug um sieben Uhr in Zurndorf sein sollen, ist aber manchmal erst um Mitternacht angekommen. Wenn ein Lastzug (Beutezug) in Anfahrt war, wurde der Personenzug auf ein Seitengeleis gestellt und musste warten, bis die rote Armee es erlaubte dass er weiterfahren darf.

In Zurndorf waren nach dem Krieg mehrere Bauern, die keine Pferde hatten, so wurden zum Beispiel für eine halbe Heide drei Katastraljoch ein paar Jungpferde fast noch Fohlen oder für einen halben Kreuzacker vier Joch ein paar Zugochsen eingetauscht. Für das ackern von einem halben Acker durfte man einen anderen halben Acker anbauen.

Quelle: Michael Pschaiden