Russische Heimkehr

von Werner

Eines Tages wir beide, mein Vater und ich, waren hinten im Hof, da kamen zwei Russen, sie wollten Quartier für ihre Pferde.

Vater meinte im Stadl können sie die Pferde einstellen, worauf ich sagte, bringen wir sie lieber im Stall unter, sonst verfüttern die die Hälfte von unserem Esparsete. Wir gingen in den Kuhstall und plötzlich sagte einer der Russen im österreichischen Dialekt “Du da ist prima und du Bua brauchst ka Angst haben um euren Klee, die Russen, sollen uns für ihre Pferde Heu geben.“ Später erzählten sie, dass einer ein Wolgadeutscher ist und der andere war in Oberösterreich als Gefangener und schon zweimal durchgebrannt ist. Es wurde ihm gedroht, wenn er nochmals durchgeht, wird sein ehemaliger Bauer erschossen.

Es fuhren den ganzen Sommer hindurch immer wieder Russen mit Pferdegespanne und an jedem Wagen mehrere Pferde angehängt in Richtung nach Hause. So kamen Pferdeeinquartierungen nicht nur nachts sondern auch tagsüber vor.
Während die Russen beim Einmarsch die Pferde ersatzlos wegnahmen, wollten sie jetzt nur bessere eintauschen. Unsere Stute war ein außergewöhnlich schönes Pferd, das Sie oftmals für ein anderes Schlechteres umtauschen wollten. Wir haben ihr um den Knöchel (Fessel) einen Lumpen umgebunden und Blut darübergeschüttet, dass es aussieht wie eine Verletzung. So bin ich oft aufs Feld gefahren. Einmal ist unsere Mutter zu Fuß auf die Neuriß gekommen, um zu sagen, dass ich nicht nach Hause fahren soll, sondern im Eichenwald übernachten soll. Denn es wurde nicht viel gefragt, ob man tauschen will.

Eines Sommernachmittags haben Vater und ich am Auacker neben der Straße Mist vom Haufen auseinandergeführt, während die Russen schon die ganze Zeit mit ihren Beutepferden vorbeifuhren.
Plötzlich kamen zwei russische Soldaten zu uns und sagten, sie brauchen unseren Wagen samt Pferde um ein Rind zu transportieren. Wir sind ins Dorf reingefahren, wo das Tier lag, an einem Wagen angehängt, die Hufe waren vom Gehen durchgeschliffen wund. Es wurden bei unserem Wagen die Hinterräder abgezogen, dass der Karren ganz niedrig war und das Rind hinaufgezogen, danach die Räder wieder angesteckt. Es war eine schöne gut genährte Kalbin. Der Wagen an den das Rind vorher angehängt war, war mit einem Fuhrfaß mit Wein beladen, wobei eine Pipe angeschlagen war. Die Russen rundherum waren alle besoffen. Uns wurde gesagt, wir sollen das Rind bis in den nächsten Ort transportieren, dort wird die Kolonne übernachten.
Und los ging es im Trab. Vater sagte zu mir "jetzt kann uns passieren, dass wir bis Raab (Györ) oder weiter fahren müssen". Als wir schon fast durch Nickelsdorf durch waren, habe ich die Pferde nicht mehr angetrieben, so dass wir zurückblieben. Der Russenwagen ist stehen geblieben und die Russen kamen zu uns und schrieen herum, warum ich zurückbleibe. Ich sagte, du hast ja gesagt, bis ins nächste Dorf und jetzt sind wir schon fast ganz durch das Dorf durch und von euren Leuten ist nichts zu sehen. Worauf er antwortete, auf einer Tafel stand geschrieben, dass sie im nächsten Dorf übernachten, worauf ich lamentierte wir sind seit der Früh am Feld waren ohne Nahrung und Getränk sowohl für uns als auch für die Pferde. Daraufhin nahm er ein etwa ein Liter-Häferl, füllte es bei der Pipe, die am Fass angeschlagen war mit Wein und reichte es mir zum Trinken. Ich nahm es und wollte es weitergeben an Vater, dass er zuerst trinke, darauf wurde der Russe so zornig, weil er glaubte ich habe Angst vom Vergiften, nahm das Häferl und trank zuerst selbst etwas davon. Das war bei den Besatzern so üblich, das man zuerst trinken musste, wenn man ihnen was anbot.

Als wir nach Straß-Sommerein (Hegyeshalom) kamen waren da auf der großen Wiese neben dem Dorf so viele Pferde und Russen, dass man es gar nicht übersehen konnte. Ich hatte inzwischen einen Mordsrausch und war mit den Russen so keck, dass mich Vater mehrmals einbremsen musste, aber das war an diesem Ort nicht ungewöhnlich, denn ich war nicht der einzige Besoffene. Das Rind wurde vom Wagen abgeladen, wie es aufgeladen worden ist. Wir bekamen Zwieback den ich den Pferden verfüttern wollte, aber Vater sagte, wenn die Russen das sehen, die erschlagen dich. Wenn wir gewartet hätten, hätten wir auch Suppe bekommen.

Als wir nach Hause kamen war es schon nach Mitternacht.

Quelle: Michael Pschaiden