Einbruch & Mordversuch in Zurndorf

von Werner

„Aus Ebersdorf entsprungen-Nach Einbruch Mordversuch. Zwei Jugendliche, die aus der Erziehungsanstalt in Kaiser-Ebersdorf entsprungen sind, haben in Zurndorf im ehemaligen Burgenland einen Mord verübt.

Bericht aus der Zeitung „Bezirksbote“ Völkisches Wochenblatt für die Bezirke Schwechat und Bruck a.d.L. Sonntag, den 31. Juli 1938 Seite 4, 40. Jahrgang

Die beiden in Kaiser-Ebersdorf untergebrachten Bäckergehilfen, der 17jährige Lambert Pfeiffer, geboren in Winden, Bezirk Neusiedl am See, und der 16 Jahre alte Gustav Göttlicher aus Wien, hatten sich verabredet, aus der Anstalt zu entspringen, um in Zurndorf einen Einbruch zu verüben. Sie sind am 18. D. Monats [18.Juli 1938] aus der Anstalt entwischen. Vergangenen Samstag [24.Juli 1938] schlichen sich die beiden in das Haus des 40jährigen Kaufmannes Josef Weber in Zurndorf ein, um dort die eiserne Kasse aufzusprengen und zu berauben, was ihnen jedoch nicht gleich möglich war, weshalb sie sich im Haus versteckten. Sonntag [25.Juli1938] wollten sie die Arbeit an der Kasse beginnen. Sie verbargen sich im Weinkeller. Ahnungslos betrat Weber den Keller und entdeckte die beiden Burschen. Aus Angst, verraten zu werden, ergriff der eine der Burschen, wahrscheinlich Pfeiffer, eine Eisenstange und verletzte damit Weber einen so furchtbaren Schlag auf den Kopf, dass er auf der Stelle zusammenbrach. Als Weber nicht zum Vorschein kam, wurde nach ihm gesucht. Sterbend wurde er im Keller aufgefunden. Er hatte durch eine große Schnittwunde am Hals, die ihm einer der Burschen zugefügt haben, muss, sehr viel Blut verloren. Da Weber noch Lebenszeichen von sich gab, wurde er in das Krankenhaus nach Kittsee gebracht, doch wird stündlich sein Ableben erwartet. Die beiden Mörder, die sich auf dem Dachboden versteckt hatten, wurden von Gendarmen aus Nickelsdorf und Gattendorf festgenommen, die nur mit größter Mühe verhindern konnten, dass sie empörte Bevölkerung an den Burschen Lynchjustiz übte. Die beiden Täter sind geständig, sie bestreiten jedoch die Tötungsabsicht.  

Dazu Erinnerungen eines damals 9-jährigen Knaben Michael Pschaiden:

Es war der 25. Juli 1938 ein Sonntag, da war für abends ein großer Aufmarsch aller Formationen vorbereitet und im Hause Meixner Adam hatte sich der Knecht Schmickl Michl im Pferdestall gerade seine SA-Uniform angezogen, (die Bauernknechte hatten damals allgemein ihre Schlafstätte im Stall). Plötzlich schrie die Frau Meixner im Hofe des Nachbarn Weber Kaufmann heute Nagy Alexander: „Haltet sie auf die haben den Herrn Weber niedergeschlagen.“ Während zwei Gestalten in der Dämmerung nach hinten liefen, und über die abgrenzende Holzplanke zum Nachbarn (Meixner Hof) klettern wollten, lief der Uniformierte aus dem Stall, auch der körperlich behinderte ungarische Knecht Lajos war zur Stelle. Und die beiden schlugen mit Werkzeugen auf die Finger der Flüchtenden, so dass sie zurückliefen und in einem der leeren Ställe verschwanden.

Den verletzten Herr Weber hat man zum Nachbarn Meixner in die Einfahrt getragen. Ich war damals gerade achteinhalb Jahre alt, als ich mich durch die inzwischen angesammelte Menschenmenge durchdrängte und bei Meixner in die Einfahrt ging, wo ich vorher täglich aus und einging, weil ich mit Adam befreundet war. Ich war nicht gefasst, denn ich wusste ja nicht was, wirklich geschehen war, man hat den Verletzten hier aufrecht sitzend gehalten und ich habe am Hinterkopf das Hirn gesehen. Ich bin vor Schrecken nach Hause gelaufen inzwischen war schon die Gendarmerie hier und es wurde gerufen: „Frauen und Kinder nach Hause, starke Männer her.“ Man hat dann die Suche nach den Tätern begonnen. Das geraubte Geld hat man gleich gefunden und so ist man der Spur nachgegangen, die auf den Stallboden führte. Es war inzwischen finstere Nacht, so suchte man den Dachboden von hinten bis nach vorne ab, ohne Erfolg. Zum Nachbarn Meixner war der Dachboden mit einem Lattenzaun abgeteilt und da fehlte nur eine Latte, wo nach Meinung der Suchenden kein Mann durchschlüpfen könnte. Man verschaffte sich Durchlass und suchte beim Nachbarn weiter, schließlich fand man beim Meixner in der Selch die Versteckten. Es war ein siebzehnjähriger Bursche, dessen Vater die Bäckerei vom Fanzler-Bäcker für kurze Zeit gepachtet hatte und der als Lehrling täglich zum Weber ins Geschäft das Gebäck brachte, namens Pfeiffer Berti mit einem Komplizen. Der überfallene Weber ist noch diesen Abend gestorben. Die Täter kamen in Arrest. Der Adam Meixner, der mit mir gleichaltrig war hatte einen Schock erlitten und hatte nachher mehrere Monate bei den Verwandten Nitschinger geschlafen. 

Zeitungsartikel „Illustrierte Kronen-Zeitung“ vom 28. Juli 1938

„Der Raubmord in Zurndorf“ Kaufmann Weber seinen Verletzungen erlegen.“

Wir haben gestern über die entsetzliche Bluttat zweier Jugendlicher in Zurndorf im Burgenland berichtet, deren Opfer, der Kaufmann Weber, nunmehr seinen schweren Verletzungen erlegen ist.

Die Tat ist daher als Raubmord anzusehen. Josef Weber hatte erst vor kurzer Zeit das Geschäft in Zurndorf erworben und lebte in dem Anwesen ganz allein, da er weder Angehörige gehabt noch Verkehr gesucht hatte. Davon scheint der 17jährige Pfeiffer, der aus Winden im Burgenland stammte gewusst zu haben. Er dürfte auch darüber orientiert gewesen sein, dass Weber kurzsichtig und schwerhörig war.

Die Mörder lauern einen Tag auf ihr Opfer. Am Sonntag kam Frau Meixner, eine Nachbarin Webers, zu dem Kaufmann und erzählte ihm, dass ihr Hund die ganze Nacht hindurch gebellt habe und dass vielleicht Einbrecher im Hof waren. Weber erklärte, er fürchte sich nicht, da er im Besitz einer Pistole sei. Der Unglückliche ahnte nicht, dass die beiden Burschen sich schon am Samstag in sein Haus geschlichen und schon den ganzen Tag im Keller zugebracht hatten.

Sonntag gegen 7:30 Uhr abends stand Weber beim Brunnen im Hof des Hauses und wusch sich. Als Frau Meixner bemerkte, dass zwei unbekannte Burschen sich herumtrieben und den Kaufmann belauerten, rief sie ihren Knecht, der rasch ein Kleidungsstück holte und in den Nachbarhof kletterte.

Diese kurze Zeitspanne hatte aber schon genügt, den jugendlichen Verbrechern die Ausführung ihres grausamen Werkes zu ermöglichen. Josef Weber wurde röchelnd und bewusstlos aufgefunden.  Die Burschen waren geflohen.

Außer der Gendarmerie umstellten SA und NS, die gerade zu einem Fackelzug angetreten waren, das Haus. Der herbeigerufene Arzt, Dr. Michael Schneemayer, der dem Opfer erste Hilfe angedeihen ließ, musste erkennen, dass alle Kunst des Arztes vergeblich war. Weber starb bald nach seiner Einlieferung in das Kittseeer Krankenhaus.

Verhinderte Lynchjustiz. Da nach Angaben des Knechtes die Burschen auf den Dachboden geflüchtet waren, führte man dort eine gründliche Suche durch und entdeckte die Mörder, die sich im Rauchfang versteckt hatten. Es gelang der Gendarmerie nur mit größter Mühe, die Burschen vor der Wut der erbitterten Menge zu schützen, die die Mörder lynchen wollte.

 

Geschichte zur Verfügung gestellt von Ewald Metzl am 31.5.2020