Landwirtschaft in Zurndorf

von Werner

In den Jahren nach dem Krieg waren die Ernten sehr gering, denn es wurde nur selten Handelsdünger verwendet und die chemische Unkrautbekämpfung war damals noch in den Kinderschuhen.

Hederich bekämpfte man damals noch mit ungeöltem Kalkstickstoff, was nur selten zur Zufriedenheit gelang oder man das Getreide manchmal arg schädigte. Im Wiesmat gab es damals meist zweimal im Jahr Überschwemmung, so dass man entweder vor Juni nicht anbauen konnte oder zur Erntezeit die Felder unter Wasser standen. Die Leitharegulierung ging nur langsam voran, es war ein Dampfbagger mit zwei Mann und auch eine Gruppe Männer mit Schaufel und Scheibtruhen eingesetzt, die waren im Frühjahr 1953 gerade bei unserer Hirt von unten herauf, die unser Vater von zu Hause Pschaiden-Haus bekommen hat. Hirse und Mohar waren oft außer Grünmais die einzigen Früchte, die man noch anbauen konnte. Meist hatte man die Erhebungen urbar gehalten, während die Niederungen (Suttn) als Wiesen liegen blieben. Doch auch die Hügel konnte man erst anfahren, wenn die Täler soweit abgetrocknet waren, dass die Pferdegespanne ohne Schaden durchfahren konnten. Oft passierte es, dass sich die Pferde die Hufeisen von den Hufen zogen, wenn man zu früh dran war.

Ende der vierziger Jahre hat die Landesregierung zwei schwere Raupenfahrzeuge mit schweren Pflügen eingesetzt um die längst zu Ödland verwilderten Felder urbar zu machen. Ein jeder Bauer, der ein Grundstück zum Umreißen zur Verfügung stellte, bekam gratis den dazugehörigen Handelsdünger beigestellt. Es war damals das Ziel der Regierung, dass sich Österreich zu 70 % selbst ernähren könne. Es kam damals immer wieder überraschend die fliegende Kontrolle in die Bauernhäuser um Hausdurchsuchungen nach Getreide zu machen, obwohl bei jeder Dreschmaschine beim Drusch eine Aufsichtsperson beigestellt war. Die Golser haben beschlossen, sie lassen die Fliegende nicht mehr ins Dorf und haben sich in Massen dagegengestellt, worauf diese Gendarmerie Verstärkung holten. Weil die Verteidiger nicht gewichen waren, wurde Schießbefehl gegeben, wobei in die Menge geschossen wurde und ein vor kurzem aus dem Krieg heil heimgekehrter junger Mann namens Steuer tot zusammenbrach.

Der Weinbau war damals auch in den Weinbaugemeinden noch nicht so stark ausgeprägt und die Erträge und die Qualität war mit dem heutigen nicht vergleichbar. Jedenfalls wer Wein zu verkaufen hatte war in der Besatzungszeit gut dran. Es wurden in diesen Jahren in den Gemeinden viele Häuser gebaut, wo viele Baufirmen tätig waren und von da an ging die wachsende Konjunktur aus. Als die Volksdeutschen in den benachbarten ungarischen und slowakischen Gemeinden 1946/47 ausgewiesen wurden, fanden viele in den Weinbaugemeinden Arbeit und eine neue Heimat, auch in anderen Gemeinden wie auch in Zurndorf haben sich viele der Vertriebenen eingebürgert. Mit viel Fleiß und harter Arbeit waren die meisten bei nur geringem Lohn in der Landwirtschaft beschäftigt. Es war ja die Hauptsache, dass die Familie sich satt essen konnte, was nicht nur für Flüchtlinge galt.

Wir haben in den ersten Nachkriegsjahren nicht nur in den Wiesmatlöchern Hirse angebaut sondern auch im Feld (Parndorfer Platte), weil man dafür nicht viel Samen brauchte, denn Hirse haben wir nicht nur für Tiere geschrotet, sondern auch in der Götz-Mühle für den menschlichen Genuss aushülsen lassen, was nur mangelhaft gelungen ist und die Sandsplitter vom Mühlstein krachten beim Essen zwischen den Zähnen. Zuckerrüben haben wir gemust und mit Wasser so lange gekocht, bis zuletzt eine braune, dicke Flüssigkeit übrig blieb. Dieser Sirup war unser Zuckerersatz. Von der Zuckerfabrik bekam man Melasse als Produktrückstand zum Verfüttern zurück. Wenn man diesen in der Tonne länger stehen ließ setzte sich am Boden etwas unreiner Zucker ab, damit haben die Frauen Lebkuchen gebacken. Zucker bekam man auf den Lebensmittelkarten nur wenig. In der Besatzungszeit anfangs der fünfziger Jahre hat man Linsen angebaut, was ohne Handelsdünger doch einen halbwegs zufriedenstellenden Ertrag brachte. Die Versorgungslage hatte sich bis dahin ziemlich gebessert und die Hülsenfrüchte waren für die Russen als Besetzer interessant.

In den Jahren 1949 gab es im Ort zuerst schon einige 26 PS Steyr-Traktoren. Dann im Sommer 1953 bekamen wir mit Onkel Johann Meixner gemeinsam einen 30 PS Steyr-Traktor. Der Preis war 33.000 Schilling. Hydraulik war damals noch Wunschausführung, Wir waren die ersten im Ort die eine Hydraulik nachgeliefert bekamen. Der Preis für Hydraulik war 5.000 Schilling. Erst zwei Jahre später haben wir uns getrennt, wobei wir durch das Los den neuen Traktor Type 180 A mit Aufpreis bekamen. Der erste Traktor war Type 180.

Bei Getreideernte hatte jeder Arbeiter einen Bauern wo er mit der Familie oder einer weiteren befreundeten Familie oder Person sich den Schnitt teilten. So war es schon immer gewesen. Dem Schnitter gehörte jedes Zehnte Mand Getreide, das separat gedroschen wurde.

Später als durch den Handelsdünger die Ernten besser waren, bekam der Schnitter 120 kg pro geerntete Joch (57,64 a) Feld. Die Schnitter wurden auf die weiteren Felder in der Früh von Bauern meist um zwei bis drei Uhr mit dem Pferdewagen hinausgeführt.

Neunmal hatten die Schnitter Anspruch auf warmes Mittagessen, dass sie sich auch auf die weiteren Felder bestellten, wobei es manchmal möglich war, dass der Bauer das Gespann draußen ließ, damit die Arbeiter abends heimfahren konnten. Beim Drusch bekamen die Arbeiter (Drescher) den 24. Teil der mit der betreffenden Dreschmaschine gedroschen wurde, welches Getreide auf die 24 dazugehörigen Leute aufgeteilt wurde, der Maschinist als technischer Betreuer der Dreschmaschine wurde auch mit Getreide entlohnt. So hatte jeder Arbeiter, der es sich einteilen konnte für das ganze Jahr Futter für sein Federvieh und Brotgetreide, das er in der Mühle für Mehl und Kleie eintauschen konnte. Bei größeren Mengen, wie es die meisten Bauern handhabten war man in der Mühle beim Mahlen dabei und bekam vom eigenen Getreide das Mehl, wobei man selbst wählen konnte, auf wie viel Prozent man das Getreide ausmahlen wollte. Helleres Mehl ergab weniger Mehl und mehr Kleie, welche an Ferkel oder Kleinkälber verfüttert wurde. Als Lohn für die Mahlleistung beim Müller wurde in den meisten Fällen ein Teil von dem zu mahlenden Getreide genommen, „masslnehmen“ nannte man diesen Vorgang. Bäckerbrot kauften nur solche, die selber nicht schneiden oder dreschen gingen, das waren nur Lehrer, Pfarrer, Arzt oder Beamte.

Der Schmied bekam für das Pflugscharenschärfen eine Pauschale, aus Brotgetreide für das ganze Jahr, je nach Größe des Betriebes, man unterschied zwischen Halben-Bauern (ca. 100 Katastraljoch à 57,64 a), Viertel-Bauern, Sechstel-Bauern und Kleinhäusler (Briefhäusler).

Der Weingartenhüter bekam je nach Fläche des betreffenden Weingarten nach der Lese Brotgetreide, die Viehhirten kamen viermal jährlich um die Schier, das war ein vereinbarter Geldbetrag je nach Art der Tiere und Zahl der ausgetriebenen Tiere und dazu gab es jedes Mal eine Kleinigkeit an Lebensmittel (Maler nannte man diese Gabe - kommt vom slawischen und heißt übersetzt wenig).

Für das Wasserschöpfen aus dem Heidebrunnen bekam der Halter von der Urberialgemeinde zweimal in der Woche Rindfleisch zugeteilt.

Quelle: Michael Pschaiden